Exhausted
für Player Piano
Siegfried Koepf 1996 – 2004
Werkkommentar
Exhausted ist eine meiner kombinatorischen Kompositionen. Bei diesen Arbeiten gilt mein Interesse der Entwicklung algorithmischer Kompositionsmethoden im Hinblick auf die gigantischen Materialmengen die sich aus kombinatorischen Vorüberlegungen ergeben.
Kombinatorik ist die Kunst oder die Wissenschaft, das Mögliche durch einschließende Disjunktionen auszuschöpfen. Aber nur der Erschöpfte kann das Mögliche erschöpfen, weil er auf alle Bedürfnisse, Vorlieben, Ziele oder Sinngebungen verzichtet hat. Nur der Erschöpfte ist so interesselos, so skrupulös. Er muß nämlich wohl oder übel die Projekte durch sinnlose Tabellen und Programme ersetzen. Für ihn zählt allein, in welcher Reihenfolge er tun muß, was er zu tun hat, und mit welchen Kombinationen zwei Dinge auf einmal, wenn auch das sein muß, für nichts. [Gilles Deleuze: Erschöpft, Frankfurt a.M. 1996]
Seit Anfang der 1990er Jahre habe ich mich zuweilen gefragt, ob es sinnvoll sein könnte, von der Menge aller möglichen Akkorde (Tastenombinationen) auf einem Klavier (davon gibt es ca. 3,9 × 1026) als kompositorischem Grundmaterial auszugehen. Exhausted ist eine der drei Antworten, die mir bis jetzt eingefallen sind.
Aus dem Programmheft zu Computing Music IV – 50 Years of Computer Music, 2006.11.05, Köln, Alte Feuerwache